Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #26Doch, ich verweise dazu der Einfachheit halber auf meinen Vorbeitrag.
Den Beitrag habe ich wohl gesehen, aber das aendert nichts daran, dass es keine Gottesbeweise gibt, die den Kriterien eines formalen Beweises genuegen wuerden. Dass es fuer Dich einen gibt, ist eine rein persoenliche Glaubensaussage, kein Beweis.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #28Heutige "säkulare Humanisten" lehnen seit vielen Generationen allgemein anerkannte Methoden der Wahrheitsfindung des europäischen Kulturkreises ab?
Die heutige Philosophie und auch die Krimonologie mussten erkennen, dass so manche Tradition der "Wahrheitsfindung" diesem Ziel nur sehr mangelhaft bis gar nicht dienlich ist. Selbstzeugnisse sind immer zweifelhaft, und selbst Mehrfachbezeugungen sind immer offen fuer Manipulation. Das ist mit ein Grund, warum heutzutage z.B. Zeugen verboten wird, miteinander zu sprechen, wenn sie fuer einen Prozess als Zeuge geladen sind. Es geht nicht nur darum, dass Zeugen sich aktiv absprechen, um zu taeuschen; das ist zwar auch ein Problem, aber nicht das hauptsaechliche. Es geht darum, dass menschliches Erleben und das Gedaechtnis dazu sehr fliessend sind. Unser Gedaechtnis ueber Vorgaenge und was wir erlebt haben, wird mit jeder Neuerzaehlung ueberschrieben und geaendert. Wenn es zu einem Dialog kommt, werden Elemente, die eigentlich vom Gespraechspartner kommen, in das eigene Gedaechtnisprotokoll so eingebaut, als haette man sie selbst erlebt. Aus dem Grund gilt heutzutage die Aussage von Zeugen, die miteinander gesprochen haben, als weitgehend wertlos.
Das ist heute in der Gerichtspraxis so, weil wir in der Psychologie da sehr viel weiter sind und das Personal bei Polizei und Gericht im guenstigsten Fall entsprechend geschult ist. Aber natuerlich ist auch die Wissenschaftsphilosophie selbst - egal ob Natur- oder Geisteswissenschaften - ist aus leidvoller Erfahrung zu demselben Ergebnis gekommen. Selbstaussagen und anekdotische Erklaerungen sind keine Beweise - sie sind im besten Fall Indizien, die der Abklaerung beduerfen.
Bei so etwas geht es auch um den Gebrauch von Begrifflichkeiten. Begriffe wie "Beweis", "Wissen" oder "Wahrheit" werden in der Wissenschaft in vielen Faellen vollkommen anders verwendet als in Religion oder Umgangssprache, und einige davon werden ganz vermieden. Man sieht ja immer wieder, wie sich Glaeubige an "Wahrheit" oder "Theorie" abarbeiten, ohne zu definieren, was solche Begriffe bedeuten sollen. Wenn sie dann ueber Wissenschaft reden mit ihrem religioes gepraegten Vokabular und der entsprechenden Denkweise, scheitern sie beim Verstaendnis dessen, was Wissenschaft eigentlich bedeutet. Der "Wahrheit"sbegriff ist in der Wissenschaft verpoent. "Wahr" kann das Ergebnis eines mathematischen Beweises sein, aber das heisst nicht, dass das eine relevante oder gar richtige Gesamtaussage beinhaltet.
Warum noch niemandem ein gueltiger Gottesbeweis gelungen ist, haben uns die Philosophen ueber die Jahrhunderte erklaert. Kant z.B. hat fast alle ihm bekannten Gottesbeweise ueberzeugend entsorgt, hat dann aber einen eigenen aufgestellt, dessen Gueltigkeit dann aber von seinen Nachfolgern widerlegt wurde. Leute, die sich in das Thema nicht eingearbeitet haben, lesen dann manchmal Schlagzeilen wie, dass der Goedelsche Gottesbeweis mathematisch mit einer Computerberechnung als richtig bewiesen wurde. Das ist in der Tat der Fall. Wer solche Zeilen dann in Isolation liest, fuehlt sich bestaetigt, aber frage einen Philosophen, und der wird Dir sagen, warum dieser Beweis bedeutungslos ist: Goedel hat das Ergebnis schon in seine Praemissen hineingesteckt. Also war's mal wieder nichts. Und so ist der Stand heutzutage.
Ich gebe nocheinmal zu Protokoll, daß ich bei dir mitunter Probleme habe zu verstehen, welchen Sinn Reaktionen argumentativ überhaupt haben sollen. Vorhin las ich mir deine längere Ausführung hier schon durch, jetzt nocheinmal. Ich weiß nicht, was du "Selbstzeugnisse" nennst. Ich bezog mich aus meiner Sicht auf ganz normale Zeugenaussagen. Und all dein Ausführen ändert soweit ich sehe überhaupt gar nichts an dem, was ich vorher schrieb.
Zitat Unser Gedaechtnis ueber Vorgaenge und was wir erlebt haben, wird mit jeder Neuerzaehlung ueberschrieben und geaendert.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #30Ich gebe nocheinmal zu Protokoll, daß ich bei dir mitunter Probleme habe zu verstehen, welchen Sinn Reaktionen argumentativ überhaupt haben sollen. Vorhin las ich mir deine längere Ausführung hier schon durch, jetzt nocheinmal. Ich weiß nicht, was du "Selbstzeugnisse" nennst. Ich bezog mich aus meiner Sicht auf ganz normale Zeugenaussagen. Und all dein Ausführen ändert soweit ich sehe überhaupt gar nichts an dem, was ich vorher schrieb.
Zitat Unser Gedaechtnis ueber Vorgaenge und was wir erlebt haben, wird mit jeder Neuerzaehlung ueberschrieben und geaendert.
Bei mir nicht.
Das ist bei jedem so, und dass Du da eine Ausnahem von der allgemein mensclichen Kondition sein solltest, nehme ich Dir schlicht nicht ab.
Ansonsten habe ich da lang und breit ueber den Wert von Zeugenaussagen, besonders solche Zeugenaussagen, ueber die diese Zeugen miteinander gesprochen haben, geschrieben. Ich weiss nicht, wie Du das ueberlesen konntest. Wie auch immer, wir wissen heute, dass so etwas nicht als Beweis dienen kann. Vor Gericht muss ein Richter in solchen Faellen extra vorsichtig sein, aber manchmal hat er halt nichts anderes. Wenn bekannt wird, dass Zeugen miteinander gesprochen haben, wird die Aussage haeufig verworfen.
Zitat von Ulan im Beitrag #31Wie auch immer, wir wissen heute, dass so etwas nicht als Beweis dienen kann. Vor Gericht muss ein Richter in solchen Faellen extra vorsichtig sein, aber manchmal hat er halt nichts anderes.
Wie gesagt, das stammt aus der Gerichtspsychologie, weil es da ja ganz konkret um das Schicksal von Menschen geht. Es gab ein paar eklatante Fehlprozesse zu Kindesmissbrauch, die viele Leben zerstoert haben, sich aber als Massensuggestion herausstellten. Konkreter Anlass war ein Fall in Neuengland, wo eine Kita samt allem Personal hinter Gitter wanderte, weil sie angeblich gemeinschaftlich die Kinder missbraucht hatten. Bei spaeteren Nachuntersuchungen stellte sich heraus, dass die Ermittler falsch gefragt hatten (also das Gedaechtnis in gewisse Richtungen gelenkt) und sich die Zeugen gegenseitig beeinflusst hatten, so dass sie tatsaechlich glaubten, das waere geschehen, obwohl die ganze Angelegenheit nicht stimmte, was sich anhand externer Daten nachweisen liess.
Dieser Vorfall fuehrte dann zu einer ganzen Reihe von Studien, die nachwiesen, wie einfach das Gedaechtnis durch Information von aussen formbar ist. Von Ermittlern oder von anderen Zeugen gelieferte Details und ganze Szenen werden in die Erinnerung (bei den meisten Menschen geschieht das in bildlicher Form) eingebaut. Den Zeugen ist dies nicht bewusst; das geschieht automatisch, und sie merken gar nicht, dass ihre Erinnerungen falsch sind. Insofern kann auch niemand selbst sagen, ob die eigenen Erinnerungen real oder durch Interaktion mit anderen Menschen eingepflanzt sind, weil die neue Erinnerung die alte ersetzt. Die Unterscheidung kann nur von aussen getroffen werden.
Weiterhin ändert das was du ausführst aber ja nichts daran, daß Zeugenaussagen in diesem ganzen Großkulturkreis seit langer langer Zeit als Beweis gelten. Wenn du dich dann wiederholt allgemein wie bisher an Zeugenaussagen und möglichen Problemen abarbeitest, dann ändert das gar nicht daran. Dein Reagieren wirkt auf mich soweit gedanklich lückenhaft und fahrig. Daß Zeugenaussagen falsch oder erlogen sein könnten ist auch schon sehr lange Thema, etwa im Rahmen von "falsch Zeugnis geben".
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #35Weiterhin ändert das was du ausführst aber ja nichts daran, daß Zeugenaussagen in diesem ganzen Großkulturkreis seit langer langer Zeit als Beweis gelten. Wenn du dich dann wiederholt allgemein wie bisher an Zeugenaussagen und möglichen Problemen abarbeitest, dann ändert das gar nicht daran. Dein Reagieren wirkt auf mich soweit gedanklich lückenhaft und fahrig. Daß Zeugenaussagen falsch oder erlogen sein könnten ist auch schon sehr lange Thema, etwa im Rahmen von "falsch Zeugnis geben".
Nun, Dein "lueckenhaft und fahrig" nehme ich als rhetorisches Maetzchen, das lediglich ein unsubstantiiertes Werturteil zu einem Thema ist, mit dem Du Dich offenbar nicht beschaeftigt hast. Deine Wiederholung der Bedeutung von Zeugenaussagen besteht beruft sich auf Tradition, aber Traditionen aendern sich halt, wobald wir etwas besser wissen. Auch habe ich diesen Punkt schon laengst relativiert: Zeugenaussagen sind immer zweite Wahl. Wenn diese Zeugenaussagen nicht durch handfeste Evidenz untermauert sind, kann man sie verwerfen. Auch das wird "in diesem ganzen Grosskulturkreis selt langer Zeit" so gehandhabt.
Ich weiss, religioese Indoktrination versucht ja, die Glaeubigen dadurch zu immunisieren, dass sie den Wert von Evidenz herunterspielt oder sogar stigmatisisiert. Die Geschichte vom "unglaeubigen Thomas" ist da ein Paradebeispiel. Dies ist ein Beispiel, dass selbst die Evangeien kritischem Denken gegenueber feindlich eingestellt sind. Das zeigt sich immer wieder in seinen unschoenen Konsequenzen.
Zitat von Ulan im Beitrag #36Dein "lueckenhaft und fahrig" nehme ich als rhetorisches Maetzchen, das lediglich ein unsubstantiiertes Werturteil zu einem Thema ist, mit dem Du Dich offenbar nicht beschaeftigt hast.
Dir steht es natürlich frei Hinweise in den Wind zu schlagen und allerlei zum Horizont eines Gesprächspartners zu spekulieren.
Zitat Zeugenaussagen sind immer zweite Wahl. Wenn diese Zeugenaussagen nicht durch handfeste Evidenz untermauert sind, kann man sie verwerfen. Auch das wird "in diesem ganzen Grosskulturkreis selt langer Zeit" so gehandhabt.
Was ich dann einfach mal bestreite.
Zitat Ich weiss, religioese Indoktrination versucht ja, die Glaeubigen dadurch zu immunisieren, dass sie den Wert von Evidenz herunterspielt oder sogar stigmatisisiert. Die Geschichte vom "unglaeubigen Thomas" ist da ein Paradebeispiel.
Nein, da würde ich den Zusammenhang im Erkennen oder Wahrnehmen aus Geist sehen, was schon tauglicher gewesen wäre.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #37Dir steht es natürlich frei Hinweise in den Wind zu schlagen und allerlei zum Horizont eines Gesprächspartners zu spekulieren.
Nun, letzteres tust Du ja indirekt auch. Das war kein "Hinweis", sondern einfach ein inhaltlich nicht untermauertes Werturteil. Solche koennen bekannterweise unbesehen verworfen werden.
Zitat von Jakobgutbewohner im Beitrag #37Was ich dann einfach mal bestreite.
Kannst Du machen, ist trotzdem falsch. Meine Aussagen zum Wert von Zeugenaussagen findest Du hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Eyewitness_testimony Der entsprechende deutschsprachige Artikel ist leider wenig informativ, aber hier steht im Prinzip das, was ich gesagt habe.
Zitat Ich weiss, religioese Indoktrination versucht ja, die Glaeubigen dadurch zu immunisieren, dass sie den Wert von Evidenz herunterspielt oder sogar stigmatisisiert. Die Geschichte vom "unglaeubigen Thomas" ist da ein Paradebeispiel.
Nein, da würde ich den Zusammenhang im Erkennen oder Wahrnehmen aus Geist sehen, was schon tauglicher gewesen wäre.
Das erfindest Du einfach dazu, um der Aussage die Schaerfe zu nehmen: Johannes 20:29 (EU): "29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben." Es geht hier schlicht darum, kritisches Hinterfragen als Makel zu bezeichnen. Die Aussage richtet sich letztlich an den Leser, weil der ja glauben muss, ohne irgendwelche Evidenz geliefert zu bekommen, und dazu muss er erst mal ueberredet werden, wenn er ein denkender Mensch ist; und diese Ueberredung ist hier gleich Jesus in den Mund gelegt.
Nicht umsonst ist der verlaesslichste Indikator fuer die Anfaelligkeit, an irgendeine absurde Verschwoerungstheorie zu glauben, die Mitgliedschaft in irgendeiner evangelikalen Religionsgemeinschaft. Das haengt damit zusammen, dass in solchen Kirchen kritisches Denken systematisch erodiert wird, unter anderem halt mit der Geschichte vom "unglaeubigen Thomas", die oft schon in der Sonntagsschule den Kindern praesentiert wird.
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